PARADIES MIT BADEMEISTER

von Eugenie KAIN


Es gibt einiges zu erzählen. Es gibt einiges zu sehen. Skulpturen schauen Film.  2D meets 3D.  Die einen gehen baden, die anderen schauen zu. Wir auch. Seien wir froh, dass wir jetzt nicht auf der Biennale in Venedig sind. Dort schwimmt ein toter Mann im Pool vor dem dänischen Pavillon. Ein Kunstsammler.
Seien wir froh, dass wir in Wien sind, freuen wir uns, dass wir aus Linz kommen. Beide Städte haben keinen Meeresstrand aber eine gut entwickelte städtische Freibäderkultur. Freuen wir uns auf kommende sonnigere Tage und leisten wir uns einen Besuch im Paradies. Der Eintritt ist noch immer relativ günstig. Wir tauchen ab im blauen Becken oder flüchten uns in den Schatten der Bäume, wir lesen oder dösen, springen  ins Wasser, schwimmen ein paar Längen, lassen uns trocknen, kaufen uns ein Eis oder ein Bier, packen die Jause aus oder schauen den Wölkchen zu.


Wir genießen die Sonne und die Muße und die freie Wahl der Entscheidung. Was braucht es mehr im Paradies? Der Apfel ist in Griffweite, der Pfirsich oder der Erdäpfelsalat mit kaltem Schnitzel. Halbnackte Menschen auch. Wenn unter den Paradiesbesucherinnen eine Frau ist, die sich Skizzen macht, kommen wir vielleicht sogar in einen Film. Heute haben wir die Möglichkeit, uns Edith Staubers Film „Eintritt ins Paradies um 3€20 gemeinsam mit Margit Feyerer-Fleischanderls Skulpturen anzuschauen.

Bei Edith Stauber kommen digital bearbeitete Tuschzeichnungen durch das Medium Film  in Bewegung. Zwei Saisonen hat sie Feldforschung betrieben. Die Bilder erzählen die Geschichten der Besucherinnen und Besucher eines öffentlichen Freibades, im konkreten Fall des Linzer Parkbades. Sattheit und Zufriedenheit bestimmen die Atmosphäre. Das Freibad stellt  sich als eine Art demokratisches Paradies dar, institutionalisiert, mit Bademeister und,  im Gegensatz zur Exklusivität des Garten Edens, um eine geringe Gebühr, für jeden zugänglich.
Margit Feyerer - Fleischanderl, mit Künstlernamen Fey-Flei arbeitete lange Zeit als Malerin und Graphikerin, bevor sie zu Beginn dieses Jahrtausends begann, sich mit Keramik zu beschäftigen. Ihre Kunst durchbrach die Fläche und wurde dreidimensional. Plastiken aus Ton, gebrannt und bemalt, traten hervor und hatten ihr Eigenleben. Sie stehen in Beziehung zueinander und in Beziehung zur Künstlerin. Nicht alle Skulpturen sind die Reise nach Wien angetreten. Viele von Fey-Fleis´ Figuren sind in Bewegung, sie tauchen ein, kommen aus der Wand, schauen, zu gehen weg.
Inspirationen zu diesen Figuren  hat sich Margit von den Stränden Australiens geholt, man sieht es ihnen nicht an, so wie sie sind, könnten sie auch im Parkbad oder im Kongressbad ihren Badefreuden nach gehen. Da trifft es sich gut, dass Edith Staubers Film demnächst  in Melbourne gezeigt wird.
Eine erste Begegnung zwischen Film und Plastik hat es bereits gegeben. Im Linzer Lentos konnte in der Ausstellung „Linz.Blick“ Fey-Fleis´ Springerin von der Seite Edith Staubers Erzählungen vom zeitgenössischen Paradies zuschauen.
Beide Künstlerinnen sind genaue Beobachterinnen, beide Künstlerinnen haben ein Gespür dafür, mit nicht-sprachlichen Mitteln Geschichten zu erzählen, mit Humor, einem Schuss Ironie,  viel Liebe zum Detail , einem Realismus, der mit Witz vom Alltag erzählt, von einem kurzen Ausschnitt des Alltags. Heute sind es die kurzen Glücksmomente im Paradies, aber die Skulpturen lassen in ihren Haltungen auch Skepsis erkennen, denn aus jedem Paradies kann man jederzeit vertrieben werden.


Falter 24/ 2009
Skulptur & Animationsfilm
Fey.Flei schaut Stauber

In ihren Arbeiten beschäftigen sich sowohl Margit Feyerer-Fleischanderl als auch Edith Stauber mit den Besonderheiten und Skurrilitäten des Alltags.
Im an dieser Stelle bereits mehrmals gewürdigten Kurzfilm "Eintritt zum Paradies um 3€20" der Linzer Animationsfilmkünstlerin Stauber lassen sich Jung und Alt,
bebrillte Spanner und vollschlanke Frauen einen Tag lang im Freibad die Sonne auf den Bauch scheinen. Nun schickt Feyerer-Fleischanderl ihre Skulpturen
Mom, Dad, Marty und Lilly als Zuschaer in eine Installation im Asifakeil, um sich der Betrachtung ebendieses Films hinzugeben. Soll einer noch behaupten, Avantgarde könnte nicht auch witzig sein! Michael Omasta